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Beitrag vom 02.09.2012
Late Bloomers - ein Film von Julie Gavras. Kinostart: 06. September 2012
Sonja Baude
Für ihre Komödie konnte die französische Regisseurin in den Hauptrollen Isabella Rosselini und William Hurt gewinnen. Die beiden Stars verleihen dem Film einen kleinen Hauch von großem Kino.
Sie leben ein etabliertes und privilegiertes Leben in London, er ist ein angesehener Architekt, sie mittlerweile nur noch Hobbyübersetzerin. Die drei erwachsenen Kinder sind längst aus dem Haus, auch sie eingerichtet in gut situierten Strukturen. ´Schöner Leben´ könnte mensch diese Welt, angesiedelt zwischen warmherzigem italienischen Famlienbewusstsein und englischem Großbürgertum, überschreiben, wäre da nicht eine Irritation, die sich einschleicht in dieses Leben: die Zeit, die vergeht. Schmerzlich wird sich Mary (Isabella Rossellini) eines Morgens kurz vor ihrem sechzigsten Geburtstag ihres Älterwerdens gewahr und fängt an - nicht ohne eine Portion Selbstironie - den Alterswidrigkeiten zu trotzen: Wassergymnastik steht auf dem Programm, überdies will sie sich eine sinnvolle ehrenamtliche Beschäftigung suchen. Aber als diese Bemühungen nicht fruchten, stellt sie sich ihrem neuen Lebensabschnitt mit vorauseilendem Pragmatismus. Ein Telefon mit extra großen Tasten macht den Anfang, weitere altersgerechte Anschaffungen folgen. Befremdlich sieht Adam (William Hurt) dem Treiben seiner Frau zu. Er seinerseits fühlt sich keineswegs in die Jahre gekommen, stürzt sich stattdessen in ein Entwurfsprojekt mit seinen jungen StudentInnen und wird sich nur sehr langsam darüber klar, dass seine Zeit als gefragter Erbauer von Flughäfen längst den Zenit überschritten hat.
Die Ehekrise scheint unausweichlich: Statt sich in ihrem Erleben gegenseitig zu stärken, fliehen die beiden getrennt voneinander für einen Moment lang in andere Welten, umgeben sich mit jüngeren Menschen, lassen sich umgarnen und spüren um so deutlicher ihre Einsamkeit. Letztlich gelingt es mithilfe der Kinder und ausglöst durch den Tod Noras, der Mutter von Mary, die beiden erneut zueinander zu führen.
Die Regisseurin Julie Gavras versucht mit ihrer "romantischen Komödie", den Tücken des Alters mit Witz und Verve zu begegnen. Dabei läuft sie Gefahr, in recht eindimensionale Klischees abzudriften. Jedoch halten die beiden ProtagonistInnen Mary und Adam, die hochkarätig besetzt sind, dagegen. Sie vermögen vor allem Kraft ihres Charmes, immerhin hier und da, den Bildern Menschlichkeit und Lebendigkeit einzuhauchen, um nicht selbst als Schablonen zu verblassen.
Gavras hat sich angesichts der vieldiskutierten demografischen Situation in westlichen Ländern, in denen immer mehr Menschen älter werden und zwar viel älter, als es die beiden Figuren des Filmes sind, einem virulenten Thema zugewandt: Wie sich wappnen für die letzten zwanzig Jahre und wie umgehen mit dem Missverhältnis von innerlichem Alter und dem durch die Gesellschaft von außen angetragenen? Gavras Figuren stellen sich tapfer und augenzwinkernd diesen Fragen und so gelingt ihnen ein Neuanfang. Sie sind echte late bloomers und können ihrem reifen Leben dann doch eine große Erfüllung abgewinnen - miteinander.
AVIVA-Fazit: Julie Gravas, Tochter des bekannten Regissuers Constantin Costa-Gavras legt mit Late Bloomers ihre dritte Regiearbeit vor. Ein in die Jahre gekommenes Ehepaar, im Großbürgertum Londons zuhause, aber dank der italienischen Wurzeln der Gattin mit südländischem Charme angereichert, muss sich den neuen Herausforderungen des Älterwerdens stellen. Beide tun es auf sehr verschiedene Weise. Während Mary (Isabella Rosselini) ihrem Schicksal ohne Scheu und tatkräftig ins Auge blickt, versucht Adam (William Hurt) so lang wie irgend möglich, am Glanz vergangener Zeiten zu haften. All das ist angereichert mit Witz und dank der Starbesetzung auch unterhaltsam arrangiert. Und doch verpasst Gavras streckenweise, ihre Figuren in echte Beziehungen zueinander zu setzen, so dass die Konflikte eher an der Fassade kratzen und kaum tiefere Einblicke ins Älterwerden gewähren.
Late Bloomers
Frankreich 2010
Regie: Julie Gavras
Drehbuch: Julie Gavras / Olivier Dazat
Kamera: Nathalie Durand
Musik: Sodi Marciszewer
Schnitt: Pierre Haberer
DarstellerInnen: Isabella Rossellini, William Hurt, Doreen Mantle, Kate Ashfield, Joanna Lumley, Aidan McArdle, Simon Callow, Hugo Speer, Luke Treadaway, Arta Dobroshi, Leslie Phillps
Verleih: Movienetfilm GmbH
Lauflänge: 90 Minuten
Kinostart: 06. September 2012
Weitere Infos und den Trailer finden Sie unter: www.movienetfilm.de